Montag, 13. Dezember 2010

Erinnerungen: UEFA Cup Finale 2002


Mittlerweile bin ich - rein vom Geburtsdatum her- mehr 30 als 20.
Der Kopf ist wohl meistens noch zarte 12, aber darum geht es ja jetzt nicht.

In den letzten Jahren wurde doch das eine oder andere Spiel besucht, viel erlebt, Meisterschaft gewonnen, (Finanz)Krise durchgemacht, Siege gefeiert, Derbys verloren, Derbys gewonnen, Länder bereist, mal aufs Maul bekommen, mal weniger...

Da ich ja mit den normalen Spielberichten immer total up to date bin, kam mir eben der Gedanke mal etwas aus vergangenen Zeiten zu erzählen.
Vielleicht ist es ja für den einen oder anderen ganz interessant, vor allem vielleicht für die Leute, die die Bauchtasche quasi in die Wiege gelegt bekommen haben.

Früher, ja früher war das noch anders. Da musste man sich das verdienen. Da ist man nicht eben in den Karstadt Sport und hat mit Papas schwatten AmEx die Eastpak Bauchtasche gekauft.
Auch die musste man sich verdienen, um sie neben den New Balance, dem Umbro Pulli (manche hatten sogar Umbro Westen!) und natürlich den, mit einem Knoten gebundenen, schwatz-gelben Balkenschal tragen zu dürfen.

 Früher haben wir im Krieg noch Steine gegessen!

Ist natürlich alles Bullshit, und ich versuche mich jetzt wirklich mal zu erinnern und ein paar Sätze auf das Papier Retina Display zu zaubern.


Mai 2002 - Uefa Cup Finale in Rotterdam:


Im Hinspiel des Halbfinales gegen den AC aus Mailand wurde der Grundstein für das Finale gelegt.
In einem der wahrscheinlich besten Spiele, die ich je live gesehen habe, wurde Milan mit 4-0 abgefertigt, gedemütigt und beleidigt.

Bei dem Rückspiel war ich leider nicht vor Ort und verfolgte das Spiel am TV.
Beim Stande von DreiNull für die (scheeeeeeeeeeeeeeeiss) Italiener war es ein gewisser Lars Ricken, der uns vor der heimischen Glotze und vor allem den Borussen in Mailand die verbleibende Angst nahm, dass es doch noch schief gehen könnte.

Finale ohhh oohh!

Der erste Gedanke: Ich muss dahin. Ich will da unbedingt hin.

Natürlich war Megastress mit den Eltern vorprogrammiert. „Viel zu gefährlich; Mach dich nicht unglücklich; Rotterdam Hooligans, bla bla bla“

Letztendlich habe ich mich aber natürlich durchgesetzt und die Nacht vor Vorverkaufsbeginn wurde vor der Geschäftsstelle mit vielen anderen Fans auf Campingstühlen und Liegen verbracht.
An einen der Gesprächspartner vor Ort kann ich mich noch erinnern und sehe ihn auch noch heute öfter als mir lieb ist ;)

Er ist Rennfahrer und wird Kortizzle genannt.


Viele, viele Stunden später öffneten die Türen der Geschäftsstelle und wir hielten nach einem Gedränge der Extraklasse unsere Tickets für den Oberrang in der Hand.
Die müssten so um die 35 Euro gekostet haben, also weniger als jetzt ein Gruppenspiel in Sevilla kostet.

Nachdem klar war, dass das Spiel aufgrund des Mords 1,2,3 Tage vor dem Finale an dem rechten Politiker Pim Fortuyn nicht abgesagt wird, erfolgte die Anreise in einem der zahlreichen BEST-Busse.
Mit 5 Männeken ging die Reise los und ich war der Arsch, der alleine sitzen musste.

Mein Sitznachbar war wohl so Anfang bis Mitte 20 und ziemlich in Ordnung.
Ich weiß noch wie wir begeistert über das vorletzte Spiel vor der Meisterschaft in Hamburg sprachen und wir beiden auch zufällig auf einem Bild des Gästeblocks Hamburg in der Borussia Aktuell abgelichtet waren. Sachen gibts.

Die Dortmunder Busse wurden zu einem schwer bewachten Messegelände gebracht und wir konnten dort ein wenig die Zeit verdoofen. 
Wenn ich mich recht erinnere gab es dort schon zu der Zeit ein Alkoholverbot.

Später ging es dann mit Bussen (oder waren es Straßenbahnen?) zum Stadion.
Auf dem Weg zeigte uns eine ca. 109 Jahre alte Holländerin per Hitlergruß, wie viel Sympathien für die Deutschen übrig hat.
Die teilweise mit Maschinenpistolen bewaffneten Bullen interessierte das herzlich wenig.

Am Stadioneingang gabs zig Schikanen.
So musste ich unter anderem mit ansehen, wie ein kleiner Junge seine Fahne wegschmeißen musste, weil der Stock 2 cm zu lang war.
Auch den Scheiss gibt es also leider nicht erst seit gestern.
Die Holländer hatten auf ihrer Seite einige riesigen Schwenker. Überraschenderweise galt das Verbot für sie nicht…

Es waren nicht nur die Schwenker, die den Weg ins Stadion fanden, sondern auch eine massige Anzahl an Bengalos, welche die Rotterdamer nach den Toren, Abpfiff und auch sonst bei jeder Gelegenheit abbrannten und nebenher auch ab und an in unserem Block entsorgten.
Im Oberrang haben wir nichts abbekommen, aber unten sah das teilweise leider anders aus.
Man munkelte, dass sich Dortmund im Unterrang in den Katakomben dann bei einem holländischen Mob dafür bedankte.
Bis heute habe keine Ahnung, ob das stimmt oder nicht.

Genauer weiß ich leider das Ergebnis des Spiels. Wir verloren mit 3-2 und mussten wieder einmal zusehen, wenn der UEFA – CUP überreicht wird.
Auch das Traumtor von Jan Koller – ich sah den Ball erst schon auf dem Dach vom De Kuip einschlagen- konnte dies leider nicht mehr ändern.

Besonders schade war, dass Jürgen Kohler Fußballgott den Elfmeter zum 1-0 verschuldete und Borussia ab der 30. Minute nur noch zu zehnt war.

Ebenfalls erwähnenswert ist, dass kurz vor Abpfiff wirklich jeder Käskopp am hüpfen, springen und durchdrehen war.
Ich weiß nicht, wie man das im Unterrang wahrgenommen hat, aber bei uns im Oberrang hat alles gewackelt. War schon ziemlich krass, wie das Stadion bebte. Das ist in diesem Fall keine Floskel, sondern durchaus genauso gemeint.

Nach dem Spiel ging es für uns relativ schnell wieder Richtung Dortmund.
Im Bus stellte ich fest, dass mein Nachbar von der Hinfahrt nicht anwesend war.

Seine Freunde erzählten mir, dass er sich beim Ausweichen eines Bengalos den Knöchel gebrochen hatte, und schon lange vor Abpfiff im Krankenhaus in Rotterdam war.

Den Tag danach gab es in Dortmund die offizielle Meisterfeier. 
Ich weiss gar nicht, wie viele Menschen auf den Straßen waren, aber einfach alles war schwarzgelb. 

We fuck Feyenoord, we fuck Feyenoord Rotterdam!

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